Beiträge
Nikola Hahn
Kriminalistisches Denken
Von den historischen Wurzeln zu einem modernen Arbeitsmodell – Teil V
Irina Jugl-Kuntzsch / Daniel Köhler
Frauen in der linksextremistischen Szene: Motive und Radikalisierungsfaktoren
Harald Bergsdorf
Über 25 Jahre nach ihrer Selbstauflösung 1998: Warum die RAF scheiterte
Ursachen und Gründe für den Niedergang einer Terrorgruppierung – eine Analyse
Felia Allum / Mara Garavini Seisselberg
Moving beyond stereotypes
Unpacking women’s agency in organized crime (Part I)
Monique Linnertz
Bildung krimineller Vereinigungen
Vom Potenzial einer unterschätzten Strafrechtsnorm
Jörg Lehnert
Geldwäsche und Hawala-Banking
Bernd Walter
Sicherheit kritischer Infrastrukturen
Faktische und rechtliche Defizite der Umsetzung
Oberstaatsanwalt Carsten Rosengarten / Oberstaatsanwalt Dr. Jörg Angerer
Zulässigkeit von Funkzellenabfragen nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO
Praxiskommentar zu BGH, Beschl. v. 10.1.2024 – 2 StR 171/23 (LG Frankfurt/M.)
Rechtsprechung
Jürgen Vahle
Zu den Voraussetzungen einer Funkzellenabfrage
BGH, Beschl. v. 10.1.2024 – 2 StR 171/23
Jürgen Vahle
Beweisverwertungsverbot bei massiver Täuschung durch Verdeckte Ermittlerinnen
BGH, Urt. v. 28.3.2024 – 4 StR 370/23
Jürgen Vahle
Betrug durch „falsche Polizeibeamte bzw. Bankmitarbeiter“
OLG Bremen, Beschl. v. 19.3.2024 – 1 Ws 28/24
Jürgen Vahle
Betrug durch sog. love scam
BayObLG, Beschl. v. 4.4.2024 – 203 StRR 104/24
Kriminalistik – Schweiz
Tim Willmann / Alain Brechbühl / Jonas Weber
Sektorsperren als «präventives» Instrument gegen Fangewalt in der Schweiz
Vorläufige Ergebnisse einer Analyse zu einem behördlichen Instrument im Umgang mit Fussballfans
Kriminalistik-Campus
David Schäfer
Die DNA-Reihenuntersuchung
Wie hat sich die DNA-Reihenuntersuchung entwickelt und welche Chancen bietet sie in der Zukunft?
Literatur
Joachim Faßbender
Systematische Krisenvorsorge zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen sowie der gesellschaftlichen Stabilität
Florian Haacke/Christian Endreß (Hrsg.), Risiko Blackout – Krisenvorsorge für Wirtschaft, Behörden und Kommunen
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Beiträge
Nikola Hahn
Kriminalistisches Denken
Von den historischen Wurzeln zu einem modernen Arbeitsmodell – Teil V
Nach einer Listung und Analyse historischer und aktueller Literatur zum Kriminalistischen Denken im ersten und zweiten Teil der Beitragsserie, stellte die Autorin in den Teilen drei und vier das Lehr- und Arbeitsmodell „KD-Haus“ vor, das die vielfältigen Facetten kriminalistischer Gedankenarbeit systematisiert und zusammenführt. Im abschließenden fünften Teil wird exemplarisch gezeigt, wie mit dem Modell in der Lehre und Praxis gearbeitet werden kann.
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Teil I in Kriminalistik 1/2024, Teil II in Kriminalistik 2/2024, Teil III in Ausgabe 5/2024, Teil IV in Ausgabe 7/2024
Irina Jugl-Kuntzsch / Daniel Köhler
Frauen in der linksextremistischen Szene: Motive und Radikalisierungsfaktoren
Der Artikel untersucht die Rolle von Frauen im Linksextremismus und welche Faktoren deren Radikalisierung beeinflussen. Dafür wurde eine Datenbank zu radikalisierten Personen in den USA im Hinblick auf linksextremistische Fälle quantitativ ausgewertet und es wurden für Deutschland zwei Fallstudien anhand von Gerichtsurteilen qualitativ analysiert. Ideologische Tatmotive waren selten geschlechtsbezogen, sondern beinhalteten eher klassisch linksextremistische Ideologieelemente wie etwa Anarchismus. Sowohl Männer als auch Frauen hatten Kontakt zu Personen, die in extremistische Aktivitäten involviert waren. Bei Frauen waren diese Personen häufiger Familienmitglieder und Partner als bei Männern. Empfehlungen für die Prävention und Intervention bei linksextremistischen Frauen werden diskutiert.
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Harald Bergsdorf
Über 25 Jahre nach ihrer Selbstauflösung 1998: Warum die RAF scheiterte
Ursachen und Gründe für den Niedergang einer Terrorgruppierung – eine Analyse
Erstaunlich wenig befassen sich Politik- und Geschichtswissenschaft bislang mit den Ursachen und Gründen für das Ende und Scheitern der RAF. Wenn überhaupt, untersuchten beide Disziplinen bislang eher, warum die RAF entstand als die Gründe, weshalb sie unterging. Umso wichtiger scheint die Aufgabe, diesem analytischen Defizit entgegenzuwirken, um auch für Analysen anderer Formen von Terrorismus und im Kampf gegen sie hilfreiche Anregungen zu erlangen.
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Felia Allum / Mara Garavini Seisselberg
Moving beyond stereotypes
Unpacking women's agency in organized crime (Part I)
Traditionally organized crime (OC) has been viewed as an exclusively male phenomenon. Gender stereotypes have contributed to women primarily being seen as victims of organized crime. A newly published OSCE report challenges persistent views of organized crime as a male-only phenomenon, indicating a far more complex and nuanced picture: It shows that women hold important roles inside criminal networks, that they are active across all criminal markets and across the entire criminal hierarchy, just like men.
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Monique Linnertz
Bildung krimineller Vereinigungen
Vom Potenzial einer unterschätzten Strafrechtsnorm
Kriminelle Vereinigungen können uns in verschiedenen Ausprägungen begegnen. Eine entsprechende Eingruppierung bedeutet nicht allein eine Strafbarkeit nach § 129 StGB, sondern löst eine Vielzahl von Ermittlungsmöglichkeiten aus. Um im Hinblick auf die Konsequenzen nicht vorschnell Gruppierungen als kriminelle Vereinigungen einzuordnen, erfolgt eine tatbestandliche Einengung durch das Merkmal der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Gleichwohl ist im Ergebnis festzuhalten, dass der Wirkungsradius des § 129 StGB weit reicht, auch in Bereiche hinein, bei denen eine Strafbarkeit nach dieser Norm nicht direkt augenfällig ist.
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Jörg Lehnert
Geldwäsche und Hawala-Banking
Hawala-Banking ist in einer bargeldaffinen, geldwäschegeneigten Gesellschaft wie der Deutschen besonders problematisch. Trotz diverser Krypto Werte spielt illegales Hawala mit nationalen Währungen auf der ersten Stufe der Geldwäsche und bei der Terrorismusfinanzierung eine große Rolle. Möglichkeiten, das zu entdecken, gibt es nur wenige. Der Verfasser plädiert für leichter mögliche TKÜ Maßnahmen, verstärkte Bargeldkontrollen durch den Zoll (und vielleicht weitere Kräfte) sowie den Einsatz von Bargeldanalysegeräten. Am Ende werden aber auch diese Vorschläge nur begrenzt und punktuell helfen, wenn sich der Gesetzgeber nicht zur administrativen/zivilrechtlichen Vermögensabschöpfung durchringt.
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Bernd Walter
Sicherheit kritischer Infrastrukturen
Faktische und rechtliche Defizite der Umsetzung
Der Schutz kritischer Infrastrukturen beschäftigt die deutschen Sicherheitsbehörden nicht erst seit der durch den Angriffskrieg der Russischen Föderation neu entstandenen Gefährdungslage. Allein der zur Verbesserung des Schutzstatus erforderliche regulatorische Aufwand verhinderte bislang eine umfassende Reform. Der vorliegende Beitrag legt die aktuelle Situation insbesondere für den maritimen Bereich dar und fordert weitergehende Maßnahmen.
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Oberstaatsanwalt Carsten Rosengarten / Oberstaatsanwalt Dr. Jörg Angerer
Zulässigkeit von Funkzellenabfragen nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO Praxiskommentar zu BGH, Beschl. v. 10.1.2024 – 2 StR 171/23 (LG Frankfurt/M.)
Der nachfolgende Praxiskommentar analysiert kritisch aus staatsanwaltschaftlicher Sicht die neue und bedeutsame Entscheidung des 2. Strafsenats des BGH zur Zulässigkeit von Funkzellenabfragen nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO. Eine Zusammenfassung der Entscheidung findet sich unten in der Rubrik Rechtsprechung.
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Rechtsprechung
Zu den Voraussetzungen einer Funkzellenabfrage
1. Die Anordnung einer Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 Satz 1 StPO setzt den Verdacht einer besonders schweren Straftat nach § 100g Abs. 2 StPO voraus.
2. Wenn der Verdacht einer Katalogtat i.S.d. § 100g Abs. 2 StP0 nicht bestand, hat dies ein Beweisverwertungsverbot zur Folge.
BGH Beschl. v. 10.1.2024 – 2 StR 171/23
Prof. Dr. Jürgen Vahle
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Beweisverwertungsverbot bei massiver Täuschung durch Verdeckte Ermittlerinnen
Erkenntnisse aus Täuschungshandlungen Verdeckter Ermittlerinnen, die das Schweigerecht der Tatverdächtigen gezielt unterlaufen und damit gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, sind unverwertbar.
BGH Urt. v. 28.3.2024 – 4 StR 370/23
Prof. Dr. Jürgen Vahle
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Betrug durch „falsche Polizeibeamte bzw. Bankmitarbeiter“
1. Ein unmittelbares Ansetzen zum Betrug in den Fällen der Betrugsmasche „falsche Polizeibeamte bzw. Bankmitarbeiter“ liegt nicht nur dann vor, wenn die angerufenen Personen unter fortdauernder Täuschung über die Identität des Anrufers und der dargestellten Sachverhalte auch tatsächlich dazu aufgefordert worden sind, die angestrebte Vermögensverfügung vorzunehmen, also Bargeld und/oder werthaltige Gegenstände herauszugeben oder zur Abholung bereit zu stellen. Es genügen vielmehr vorangegangene Täuschungen im Rahmen jeweils einer zusammenhängenden telefonischen Kommunikation, die ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in die angestrebte Vermögensverschiebung münden sollen.
2. Ein Täter der Betrugsmasche i.S.d. Leitsatzes 1 kann nicht mehr strafbefreiend vom Versuch zurücktreten, wenn im Rahmen der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten dieser auf die telefonische Betrugsmasche nicht eingeht und die Erzielung des angestrebten Taterfolgs nicht ohne eine zeitliche Zäsur im unmittelbaren Handlungsfortgang möglich gewesen wäre.
OLG Bremen Beschl. v. 19.3.2024 – 1 Ws 28/24
Prof. Dr. Jürgen Vahle
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Betrug durch sog. love scam
1. Bei der Methode „love scam“, die häufig über Dating-Plattformen im Internet praktiziert wird, spiegelt eine Person einer anderen unter Ausnutzung von deren Gutgläubigkeit eine erfundene Identität, eine erfundene Lebensgeschichte, eine erfundene Vertrauensbasis und einen erfundenen dringenden Geldbedarf vor. Sobald das Opfer die erwünschte(n) Zahlung(en), in der Regel über einen Dritten, geleistet hat, bricht der Täter dem Tatplan entsprechend den Kontakt ab und taucht unerkannt und für das Opfer nicht rückverfolgbar ab. Dieses Verhalten erfüllt den Tatbestand des Betrugs.
2, Der Tatbestand des Betrugs entfällt im Falle einer freiwilligen Zuwendung auch nicht deshalb, weil sich der Getäuschte der nachteiligen Wirkung seiner Verfügung auf sein Vermögen bewusst ist.
3, Wer ein Konto für Überweisungen aus einem „love scam“ zur Verfügung stellt, kann sich wegen Geldwäsche strafbar machen.
BayObLG Beschl. v. 4.4.2024 – 203 StRR 104/24
Prof. Dr. Jürgen Vahle
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Kriminalistik Schweiz
Redaktion: Schweizerische Kriminalprävention, Chantal Billaud
Tim Willmann / Alain Brechbühl / Jonas Weber
Sektorsperren als «präventives» Instrument gegen Fangewalt in der Schweiz
Vorläufige Ergebnisse einer Analyse zu einem behördlichen Instrument im Umgang mit Fussballfans
Um Gewalt rund um Fussballspiele in der Schweiz zu verhindern, werden von den Schweizer Behörden seit April 2023 konsequent Sektorsperren nach gewaltsamen Ereignissen verfügt. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die relevante Ausgangslage sowie damit zusammenhängende sozial- und rechtswissenschaftliche Aspekte. Basierend darauf wird die aktuelle Praxis mit unterschiedlichen Daten beleuchtet und einem kritischen Blick unterzogen. Dafür werden die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die beobachteten Auswirkungen der Sektorsperren analysiert und diskutiert.
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Kriminalistik Campus
David Schäfer
Die DNA-Reihenuntersuchung
Wie hat sich die DNA-Reihenuntersuchung entwickelt und welche Chancen bietet sie in der Zukunft?
Im Folgenden wird dargestellt, wie die DNA-Reihenuntersuchung durch die Einführung des § 81h StPO verhältnismäßiger geworden ist. Durch die Verwertung von Beinahe-Treffern wurden weitere Probleme geschaffen, wofür die Rechtsgrundlage derzeit noch keinen angemessenen Schutz vorsieht. Eine Kombination der erweiterten DNA-Analyse ist aufgrund der zurzeit noch nicht gesicherten Untersuchungswahrscheinlichkeiten keine geeignete Alternative für die Ermittlung von Prüfungsmerkmalen. In der Zukunft wird eine Kombination der Maßnahmen aufgrund der verhältnismäßigeren, konventionellen Ermittlungsmethoden ebenfalls nur eine Ausnahme darstellen.
Redaktion: Prof. Dr. Sigmund P. Martin, LL.M. (Yale), Hochschule des Bundes, FB Kriminalpolizei beim BKA
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Literatur
Systematische Krisenvorsorge zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen sowie der gesellschaftlichen Stabilität
Florian Haacke/Christian Endreß (Hrsg.), Risiko Blackout – Krisenvorsorge für Wirtschaft, Behörden und Kommunen, 1. Aufl. 2022, Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, Stuttgart, 312 S., 49,80 Euro
Der jüngste Sabotage-Verdacht im Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung an den Bundeswehrstandorten Köln-Wahn und Mechernich haben die Frage nach der Sicherheit kritischer Infrastrukturen in Deutschland erneut belebt. Befürchtungen hinsichtlich möglicher Sabotageakte im Zuge der hybriden russischen Kriegsführung stehen konkrete Erkenntnisse zu zahlreichen Angriffen auf sog. „Kritische Infrastrukturen“ (KRITIS) durch linksextremistische Straftäter zur Seite. Mit dem zuletzt 2021 überarbeiteten und durch die Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz ergänzten IT-Sicherheitsgesetz, der Formulierung des Entwurfs des KRITIS-Dachgesetzes 2023 und der Verabschiedung der Nationalen Sicherheitsstrategie Juni 2023 hat die Bundesregierung jüngst auf die veränderte Bedrohungslage reagiert und auch Cyberangriffe, Naturkatastrophen, technisches wie auch menschliches Versagen berücksichtigt.
Sie bilden aber lediglich einen gesetzlich-organisatorischen Rahmen, welchen es inhaltlich zu befüllen gilt. Dieser Aufgabe widmet sich das vorliegende Werk für den Energie-Sektor. Dementsprechend stellt sich das 21-köpfige Autorenteam aus Behörden, Hilfsorganisationen und der Wirtschaft den Fragen, welche Risiken mit einem langanhaltenden und flächendeckenden Stromausfall einhergehen und wie staatliche Institutionen, die Gesellschaft bis hin zum einzelnen Bürger und die Wirtschaft auf dieses Szenario vorbereitet sind. Dass das Autorenteam gerade den Energiesektor als zentralen, alle anderen Sektoren beeinflussenden, Sektor und innerhalb dessen die Stromversorgung in den Blick nimmt, ist kein Zufall, sind doch von einem Großereignis in dieser Branche alle Bereiche des öffentlichen Lebens und der Gesellschaft betroffen. Damit stellt dieses Szenario den schlimmstmöglichen Fall dar – verbunden mit zahlreichen Domino- und Kaskadeneffekten.
Erfolgreich um eine möglichst umfassende, verständliche aber auch deutliche Situationsbeschreibung bemüht, erläutern die Autoren zunächst den Aufbau der Stromproduktion und -verteilung sowie die ihnen innewohnenden Risiken. In einem weiteren Schritt wird die Risiko-Vorsorge bei den Netzbetreibern und den Versorgungsbetrieben beleuchtet, um im Anschluss auf die der Kommunen, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) einzugehen. Die abschließende Betrachtung bildet die Risiko-Vorsorge bei der Wirtschaft und den Unternehmen.
Die vier Abschnitte sind klar strukturiert und auf wesentliche Aussagen begrenzt, ohne jedoch die Erläuterung komplexerer Zusammenhänge und wichtiger Begriffe zu vernachlässigen. Der sich in einem übersichtlich gegliederten Inhaltsverzeichnis spiegelnde Aufbau ermöglicht sowohl eine systematische Erfassung der jeweiligen Inhalte als auch die gezielte Information zu ausgewählten Fragestellungen. Ein Schwerpunkt in den einzelnen Abschnitten bildet die prägnante Darstellung der jeweiligen Risiken, ohne in einen Katastrophismus zu verfallen oder Verharmlosung zu betreiben, was in unserer hoch technologisierten Welt und der damit verbundenen Abhängigkeit von einer ausfallsicheren Stromversorgung eine besondere Herausforderung darstellt. Insbesondere wird deutlich, wo ein z.T. noch erheblicher Regelungsbedarf besteht, aber auch, wie häufig mit vergleichsweise einfachen Maßnahmen wirksame Vorsorge betrieben werden kann. Zugleich wird der Leser angeregt, sich zielgerichtet Gedanken zu seinem eigenen Verantwortungsbereich, sei es als Führungskraft in einer Behörde oder einem Unternehmen oder als Familienmitglied bzw. für den eigenen Haushalt, zu machen.
Die Darstellung ermöglicht damit bereits einen über einen allgemeinen Überblick hinausgehenden Einblick in die vielschichtige, von gegenseitigen Abhängigkeiten und Beeinflussungen geprägte Thematik und sollte damit für alle in Wirtschaft und Verwaltung verantwortlichen Führungskräfte zugänglich sein.
Neben einem Literaturverzeichnis erleichtert ein Stichwortverzeichnis die Navigation. Ergänzt werden die Darstellungen durch ein Literaturverzeichnis am Ende einzelner Beiträge sowie eine Kurzbiographie zu den Herausgebern und Autoren.
Durch die Zusammenstellung der Beiträge unterschiedlicher Autoren konnte nicht nur eine breit gefächerte Expertise erschlossen werden. Darüber hinaus wurde ermöglicht, eine Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven einzunehmen.
Die einheitliche Verfassung eines Fazits und Literaturverzeichnisses am Ende aller Beiträge sowie ein Abkürzungsverzeichnis hätten das bereits gelungene Werk abgerundet.
Das Buch ist dennoch auch für den vergleichsweise hohen Preis absolut empfehlenswert.
Joachim Faßbender