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Aktuelle Ausgabe 8-9/2025

Beiträge

Catharina Vogt / Stefanie Giljohann
Der AinoAidTM Chatbot in Deutschland
Ein alternativer Weg ins Hilfesystem bei häuslicher Gewalt

Anna Christina Ettmann
Strafverfolgung von Kinderpornografie-Delikten in Nordrhein-Westfalen
Einsatz künstlicher Intelligenz erleichtert Polizeiarbeit

Frank Robertz
Zwischen Welten - Zur Bedeutung von Täterphantasien bei School Shootings

Kim Ilhoon
Unmittelbare Interventionsstrategien bei vermissten Kindern mit Sprachverzögerung

Charlotte Kunath
Zusammenarbeit zwischen Behörden und Zivilgesellschaft im Bereich Menschenhandel

Isa Ciftci / Eric Fleischer
Bundesweite Koordinierung der Antisemitismusprävention
Ansätze zur präventiven Sensibilisierung von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes

Klaus Habschick
Die Cannabis-Legalisierung und Goethes "Zauberlehrling"


Recht aktuell

Jürgen Vahle
Kein Zeugnisverweigerungsrecht eines im Maßregelvollzug tätigen Arztes
BGH, Beschl. v. 10.3.2025 - 5 StR 682/24

Jürgen Vahle
Zwangsweise Entsperrung eines Mobiltelefons
BGH, Beschl. v. 13.3.2025 - 2 StR 232/24

Jürgen Vahle
Zum Betrugsschaden bei einer Kfz-Reparatur
OLG Hamm, Beschl. v. 25.3.2025 - 4 ORs 19/25

 

 Kriminalistik-Schweiz

Fabian Teichmann
Ermittlungen im Darknet
Teil 2 - Rechtsrahmen und internationale Kooperation

 

Kriminalistik-Campus

Marcel Matthies
Die "Zero Tolerance Policy" des New York Police Department
Darstellung des kriminalstrategischen Konzepts und Möglichkeiten einer Übertragbarkeit auf die deutsche Polizei

Sabrina May
Das Broken-Web Phänomen
Kriminalistische Ansätze zur Bekämpfung, dargestellt am Phänomen "Hatespeech"

 

Literatur

Sigmund Martin
Patzak/Bohnen, Betäubungsmittelrecht und Umgang mit Cannabis

Sigmund Martin
Eisele/Bosch/Hecker, Tübinger Kommentar Strafgesetzbuch: StGB

 

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Beiträge

Catharina Vogt / Stefanie Giljohann 
Der AinoAidTM Chatbot in Deutschland
Ein alternativer Weg ins Hilfesystem bei häuslicher Gewalt
Die Prävention häuslicher Gewalt ist eine gesellschaftliche Herausforderung, bei der insbesondere die Verunsicherung der Betroffenen hinsichtlich der Gewalt durch (frühere) Liebespartner*innen und die Notwendigkeit einer schnellen Intervention adressiert werden müssen. Der Chatbot AinoAidTM wurde dazu entwickelt, diese Herausforderungen anzugehen. Als anonyme 24/7 erreichbare Informationsplattform, bietet er Betroffenen eine niedrigschwellige erste Anlaufstelle, um sich geschützt zu informieren und Hilfe zu finden. Eine erste Evaluationsstudie (N = 1.312) unterstreicht den Nutzen und gibt Hinweise auf weitere Entwicklungspotentiale.

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Anna Christina Ettmann 
Strafverfolgung von Kinderpornografie-Delikten in Nordrhein-Westfalen
Einsatz künstlicher Intelligenz erleichtert Polizeiarbeit
In den vergangenen Jahren haben ein starker Anstieg von Kinderpornografie-Delikten und die Aufdeckung von Kinderpornografie-Ringen diese Taten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Neben der Forderung nach härteren Strafen entstand ein starker Druck auf die Strafverfolgungsbehörden diese Delikte aufzuklären. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen trug dem Rechnung durch organisatorische, personelle und technische Änderungen. Diese Intensivierung der Strafverfolgung hat jedoch auch zur Folge, dass die Täter ihre Handlungsstrategien weiterentwickeln, um eine Entdeckung ihrer Taten zu erschweren.

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Frank Robertz 
Zwischen Welten - Zur Bedeutung von Täterphantasien bei School Shootings
School Shootings werden in der Berichterstattung meist als unvorhersehbare Ausbrüche exzessiver Gewalt dargestellt und mit monokausalen Erklärungsansätzen unterfüttert. Ein Muster, dass sich aktuell im Kontext des School Shootings im österreichischen Graz (am 10.6.2025) wiederholte. Die Forschung der letzten 25 Jahre hat jedoch gezeigt, dass solche Taten erst nach einer umfangreichen Beschäftigung der Täter mit gewalthaltigen Inhalten entstehen und dass im Vorfeld zahlreiche Warnsignale feststellbar sind (Robertz, 2004; Robertz/Wickenhäuser, 2010; Robertz/Kahr, 2016). Den Schlüssel zum Erkennen solcher Warnsignale liefert das außergewöhnliche Phantasie-Erleben der Täter (Robertz, 2011, 2013; Robertz/Kahr 2015).

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Kim Ilhoon 
Unmittelbare Interventionsstrategien bei vermissten Kindern mit Sprachverzögerung
Diese Studie befasst sich mit dem erhöhten Risiko des Verschwindens von Kindern mit Sprachverzögerung in der Republik Korea und analysiert die Problematik aus politischer Perspektive. Untersucht werden entwicklungsbedingte Risikofaktoren sowie institutionelle Schwächen in der Prävention und Reaktion. Die derzeitige Kooperation zwischen Polizei und Einrichtungen ist unzureichend, was eine effektive Vermisstensuche erschwert. Die Studie empfiehlt frühzeitige Interventionen, individuelle Bildungspläne und eine verbesserte Koordination der beteiligten Akteure, um die besondere Vulnerabilität dieser Kindergruppe besser zu berücksichtigen.

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Charlotte Kunath 
Zusammenarbeit zwischen Behörden und Zivilgesellschaft im Bereich Menschenhandel
Der Artikel beleuchtet die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Zivilgesellschaft im Bereich Menschenhandel in Deutschland. Er analysiert bestehende Kooperationsstrukturen, benennt Herausforderungen wie föderale Unterschiede und Lücken beim Opferschutz und diskutiert die Chancen eines Nationalen Verweisungsmechanismus. Dieser könnte Verfahrenssicherheit schaffen, Betroffenenrechte stärken und die Identifizierung sowie Weiterleitung von Betroffenen systematisieren und verbessern.

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Isa Ciftci / Eric Fleischer 
Bundesweite Koordinierung der Antisemitismusprävention
Ansätze zur präventiven Sensibilisierung von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes
Das im Jahr 2018 eingerichtete Amt des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus bietet die Möglichkeit, bislang dezentral organisierte und in ihrer Ausgestaltung heterogene Maßnahmen zur Prävention von Antisemitismus institutionenübergreifend systematisch zusammenzuführen, bundesweit zu koordinieren und in kohärenter Form weiterzuentwickeln. In den Bundes- und Landesbehörden sind bereits vielfältige institutionelle Bildungsmaßnahmen zur Auseinandersetzung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit implementiert. Die zu den häufigsten Erscheinungsformen - darunter Antisemitismus, Christenfeindlichkeit, Muslimfeindlichkeit, Rassismus, Antiziganismus, Sexismus sowie Queerfeindlichkeit - gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten didaktisch-konzeptionellen Ansätze verbleiben zumeist innerhalb der jeweiligen Organisationseinheiten. Eine zentrale Koordinierungsstelle beim Antisemitismusbeauftragten des Bundes könnte vorhandene Präventionsansätze erfassen, wissenschaftlich fundiert weiterentwickeln und bundesweit interessierten Einrichtungen zur Verfügung stellen.

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Klaus Habschick 
Die Cannabis-Legalisierung und Goethes "Zauberlehrling"
Der Autor publiziert seit den 70er Jahren über die Entwicklung der Drogenszenen sowie des Drogenhandels. Fachlich in Repression wie Prävention erfahren, wendete er sich nach langjähriger Präventionsarbeit mit Lehrern, Eltern und Jugendlichen gegen die Verharmlosung und Legalisierung der verbreitetsten Droge, Cannabis. Mit speziellem Bezug zu seinen Beiträgen seit 2014 beschreibt der Autor eingehend die Entwicklung der illegalen Drogenmärkte, den Rollenwechsel der Konsumenten, die Fragwürdigkeit der aktuellen Cannabispolitik sowie ihre ersten erkennbaren Auswirkungen.

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Recht aktuell

Jürgen Vahle
Kein Zeugnisverweigerungsrecht eines im Maßregelvollzug tätigen Arztes
Zur Verweigerung des Zeugnisses nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO ist ein Arzt hinsichtlich solcher Tatsachen nicht berechtigt, die er im amtlichen Auftrag anlässlich einer strafprozessual angeordneten Untersuchung wahrgenommen oder ermittelt hat, zu deren Duldung der Untersuchte verpflichtet war.

BGH Beschl. v. 10.3.2025 - 5 StR 682/24

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Jürgen Vahle
Zwangsweise Entsperrung eines Mobiltelefons
1. Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die zwangsweise Entsperrung eines biometrisch gesperrten Mobiltelefons mit dem Finger der beschuldigten Person ist § 81b Abs. 1 StPO i.V.m. mit den §§ 94 ff. StPO.
2. Der Versuch der Ermittlungsbehörden, auf diese Weise Zugang zu den auf einem Mobiltelefon eines Beschuldigten gespeicherten Daten zu erlangen, ist hiervon jedenfalls dann gedeckt, wenn eine zuvor nach den §§ 102, 105 Abs. 1 StPO richterlich angeordnete Durchsuchung gerade auch dem Auffinden von Mobiltelefonen dient und der beabsichtigte Datenzugriff trotz seiner Eingriffsintensität verhältnismäßig ist.

BGH Beschl. v. 13.3.2025 - 2 StR 232/24

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Jürgen Vahle
Zum Betrugsschaden bei einer Kfz-Reparatur
1. Ein Werkunternehmerpfandrecht schließt einen Vermögensschaden i.S.d. Betrugs (§ 263 StGB) nur dann aus, wenn und soweit es werthaltig ist.
2. Ein Werkunternehmerpfandrecht ist im Falle einer Kfz-Reparatur nur dann werthaltig, wenn dem Unternehmer auch die Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: Kfz-Brief) übergeben wurde. Anderenfalls ist eine alsbaldige und ohne nennenswerte Schwierigkeiten zu erlangende Verwertung des Sicherungsmittels ausgeschlossen.

OLG Hamm Beschl. v. 25.3.2025 - 4 ORs 19/25

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Kriminalistik Schweiz


 Fabian Teichmann 
Ermittlungen im Darknet - Teil 2
Rechtsrahmen und internationale Kooperation
Nachdem der Autor in Teil 1 typische Deliktsfelder und Ermittlungsansätze der Polizei beleuchtet hat (Kriminalistik 6/2025, S. 366), beschäftigt er sich vorliegend mit dem rechtlichen Rahmen, Zulässigkeit und Grenzen von Maßnahmen wie Online-Durchsuchung und Quellen-TKÜ, Beweissicherungsproblemen bei pseudonymen Tätern sowie verfassungs- und datenschutzrechtlichen Implikationen. Zudem wird die Bedeutung internationaler Kooperation - etwa durch Joint Investigation Teams, Europol/Interpol und gemeinsame Operationen (z.B. "Hydra" oder "Monopoly Market") - herausgearbeitet. Abschließend werden führungstechnische Aspekte diskutiert: Anforderungen an spezialisierte Einheiten, Aus- und Fortbildung, Zentralisierung von Darknet-Kompetenz sowie die Rolle von Lagebildern und IT Infrastruktur für eine erfolgreiche Ermittlungsstrategie.

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Kriminalistik Campus


Marcel Matthies 
Die "Zero Tolerance Policy" des New York Police Department
Darstellung des kriminalstrategischen Konzepts und Möglichkeiten einer Übertragbarkeit auf die deutsche Polizei
Kriminalstrategische Konzepte aus den USA finden anlässlich herausragender sicherheitspolitischer Ereignisse immer wieder Eingang in die öffentliche Diskussion aber auch in kriminalstrategische Überlegungen verantwortlicher Behörden. Dabei stellt die vom New Yorker Police Departement entwickelte "Zero Tolerance Policy" eines der populärsten Konzepte dar. Auch wenn diesem wie auch anderen Konzepten wie beispielsweise dem Community Policing ebenso für Deutschland relevante Elemente innewohnen, gründen sie auf historischen Entwicklungen in einem abweichenden gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmen sowie sich einem fortentwickelnden spezifischen Rollenverständnis. Eine Implementierung in hiesige Kriminalitätsbekämpfungskonzepte ist daher generell, wenn auch individuell unterschiedlich, nur eingeschränkt möglich. Dies schließt jedoch die Verwendung einzelner Elemente bzw. von Kerngedanken in kriminalstrategischen Überlegungen nicht aus. Der nachfolgende Beitrag widmet sich einer diesbezüglichen Betrachtung am Beispiel der "Zero Tolerance Policy" und identifiziert konkrete Anwendungsmöglichkeiten.
(Redaktion: Joachim Faßbender)

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Sabrina May 
Das Broken-Web Phänomen
Kriminalistische Ansätze zur Bekämpfung, dargestellt am Phänomen "Hatespeech"
Hate Speech stellt eine besondere Herausforderung für die westlichen Gesellschaften und Demokratien dar. Diese besondere Form der Hasskriminalität hat bereits zu vielfältigen Rechtsetzungsakten, Organisationsanpassungen und polizeilichen Maßnahmen wie die sog. "Aktionstage", in welchen deutsche Strafverfolgungsbehörden regelmäßig in bundesweiten öffentlichkeitswirksamen Aktionen Hasspostings und Hasskriminalität im Internet in einer konstatierten Aktion verfolgen, geführt, ohne dass die Verbreitung signifikant dauerhaft eingeschränkt werden konnte. Dementsprechend bedarf es einer fortgesetzten Betrachtung zu den Ursachen von Hate Speech. Bekämpfungsansätze sind ferner kritisch zu hinterfragen und fortzuentwickeln. Hierzu leistet die nachfolgende, an der Deutschen Hochschule der Polizei im Masterstudiengang "Öffentliche Verwaltung - Polizeimanagement" entstandene, Hausarbeit einen Beitrag.
(Redaktion: Joachim Faßbender)

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Literatur

Sigmund Martin
Patzak/Bohnen, Betäubungsmittelrecht und Umgang mit Cannabis
6. Aufl. 2025, XXXV, 300 Seiten, 69 Euro, Verlag C. H. Beck, ISBN 978-3-406-82843-0

Das Buch von Patzak / Bohnen, das in seine früheren Ausgaben schlicht Betäubungsmittelrecht hieß und schon als Klassiker zu bezeichnen ist, liegt nunmehr in der sechsten Auflage vor und erfährt im Titel die Erweiterung Umgang mit Cannabis. Diese Ergänzung des Titels war nötig, da Cannabis seit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes im April 2024 nicht mehr unter den Begriff des Betäubungsmittels fällt. Wegen der Gesetzesänderungen waren umfangreiche Erläuterungen zum Konsumcannabisgesetz und zum Medizinal-Cannabisgesetz neu aufzunehmen. Die umfassende Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen und der praktischen Herausforderungen im Umgang mit Cannabis durch diese gesetzlichen Änderungen bilden einen ersten Schwerpunkt des Buches und sind in dessen Kapiteln vier und fünf zu finden.

In übrigen hat sich an der bewährten Konzeption des Buches nichts Grundlegendes geändert. Das Werk beschreibt zunächst die gängigsten Betäubungsmittel und Neue Psychoaktive Stoffe sowie Cannabis, das nun nicht mehr als Betäubungsmittel, sondern als Suchtmittel eigener Art aufgeführt wird. Dann befasst es sich mit dem materiellen Betäubungsmittelrecht, wobei es sich detailliert mit den Mengenbegriffen, den wichtigsten Tatbestandsvarianten sowie strafrechtlichen Konkurrenzfragen auseinandersetzt. Das dritte Kapitel ist dem Gesetz über Neue-Psychoaktive-Stoffe (NpSG) gewidmet. Die Kapitel sechs bis neun (Drogen im Straßenverkehr, Rechtsfolgen der Tat, Therapie statt Strafe und prozessuale Fragen) entsprechen den Kapiteln vier bis sieben der Vorauflagen. Neben der Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung und Literatur gibt es natürlich auch hier Anpassungen aufgrund von Gesetzesänderungen (z.B. § 39 KCanG und § 30 MedCanG zu Therapiemöglichkeiten, §§ 40-42 KCanG hinsichtlich Eintragungen im Bundeszentralregister oder allgemeine Änderungen im Sanktionenrecht). Nicht geändert hat sich auch die bewährte Darstellung des Stoffes mit vielen praktischen Beispielen und anhand von kurzen Fällen, die die Theorie anschaulich und greifbar machen. Ein besonderes Merkmal des Buches ist, dass es sich nicht allein auf die Darstellung des materiellen Rechts beschränkt, sondern prozessuale Fragen einbezieht, aus denen sich Hinweise, die für die tägliche strafprozessuale Arbeit sehr nützlich sind, ergeben.

Fazit: Das Buch ist daher sowohl für die Ausbildung im Bereich von Polizei und Justiz wie für alle, die sich praktisch mit dem Thema Cannabis und Betäubungsmittelrecht auseinandersetzen, uneingeschränkt zu empfehlen. Es ermöglicht sowohl die Einarbeitung in das Fachgebiet wie das Erlangen eines Überblicks und bietet ein relativ umfassendes Nachschlagewerk. Mehr kann man von einem Lehrbuch nicht erwarten. Wer nach noch mehr Details sucht, muss einen umfassenden Kommentar bemühen. Um sich in einem solchen zurechtzufinden, bedarf es aber eines Kompasses, den in idealer Weise das vorliegende Buch mit seiner klaren und präzisen Darstellung der komplexen rechtlichen Vorschriften liefert.

 

Sigmund Martin
Eisele/Bosch/Hecker, Tübinger Kommentar Strafgesetzbuch: StGB
31., neu bearbeitete Auflage 2025, LIII, 3555 Seiten, 199 Euro, Verlag C. H. Beck ISBN 978-3-406-80986-6
Nachdem die 30. Aufl. des klassischen Strafrechtskommentars "Schönke/Schröder" sechs Jahre zurückliegt, war es Zeit für eine Neuauflage. Diese 31. Aufl. bedeutet insoweit eine Zäsur, als das Werk nunmehr in "Tübinger Kommentar" umbenannt wurde und nicht mehr in der Gesamtredaktion von Albin Eser, sondern nun von Jörg Eisele bearbeitet wird. Die Umbenennung in Tübinger Kommentar war schon in den siebziger Jahren erwogen worden, weil der von Adolf Schönke begründete und bis zur 6. Aufl. betreute Kommentar von seiner 7. bis zur 17. Aufl. von dem seit 1955 in Tübingen lehrenden Horst Schröder fortgeführt wurde und seine vier Nachfolgeautoren Cramer, Eser, Lenckner und Stree (18.-26. bzw. 27. Aufl.) sich alle in Tübingen habilitiert hatten. Nachdem sich der Verlag C.H. Beck in jüngerer Zeit von einigen Namen, die einen national-sozialistischen Bezug aufwiesen, getrennt hatte (aus der Gesetzessammlung "Schönfelder" wurde der "Habersack" und aus dem BGB-Kommentar "Palandt" der "Grüneberg"), lag es nach einer Analyse von Schönkes Schriften aus NS-Zeiten (s. Steinberg, NStZ 2024, 257 ff.) nahe, nun auch hier eine Umbenennung vorzunehmen. Zudem haben auch vier der zehn aktuellen Bearbeiter (so Bernd Hecker, Jörg Eisele, Jörg Kinzig und Ulrike Schittenhelm neben den weiteren - alle schon in der 30. Aufl. aktiven - Bearbeitern Nikolaus Bosch, Walter Perron, Frank Schuster, Detlev Sternberg-Lieben, Georg Steinberg und Bettina Weißer) einen Lehrstuhl in Tübingen.

Inhaltlich zeichnet sich das Werk nach wie vor einerseits durch seine wissenschaftliche Tiefe und andererseits seine Praxisnähe sowie die relative Überschaubarkeit in einem einzelnen Buch aus. Der Gesamtumfang des Kommentars beträgt in der 31. Aufl. allerdings fast 3.600 Seiten. Dem wachsenden Umfang geschuldet entfallen in der Neuauflage die bislang den Erläuterungen vieler Vorschriften vorangestellten Übersichten zum Schrifttum. Dies ist für den, der sich durch einen Blick eine schnelle Gesamtschau über die relevante Literatur verschaffen will, bedauerlich, doch wurde hier ohnehin nur die Literatur aufgeführt, die auch in der Kommentierung zitiert wird. Entscheidend ist, dass es gelungen ist, die Kommentierung des gesamten StGB in einem Band vorzulegen, obwohl in der Neuauflage eine Vielzahl wichtiger Gesetzesergänzungen und Gesetzesänderungen zu verarbeiten waren. Dabei ging es z.B. um die Neufassung des Geldwäschetatbestandes oder das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Viele dieser neuen Themen sind für Justiz und Polizei von hoher praktischer Bedeutung. Der Tübinger Kommentar stellt aber nicht nur die neuesten Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung vor, sondern analysiert und interpretiert diese Entwicklungen in kritischer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und dem Schrifttum in einer klaren systematischen Struktur.