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Ausgabe August/September 2021

Fachartikel

Phänomenologie

Anrufe von falschen Polizeibeamten
Eine empirische Betrachtung dieses Kriminalitätsphänomens am Beispiel der AG AMCA des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main
Von Andres Wißner

 

Politisch motivierte Gewalt

Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus
Aktuelle und zukünftige Bedrohungen für die Innere Sicherheit Deutschlands
Von Prof. Dr. Stefan Goertz

„Musik und Matte“ – Das subkulturelle Spektrum des Rechtsextremismus
Von Dr. Christian Herrmann

 

Islamismus

Identitär-islamistische Gruppierungen
Generation Islam & Realität Islam als Beispiele für neue Gesellschaftsspalter und Polarisierungsverstärker
Von Erdogan Karakaya und Temel Ücüncü

 

Organisierte Kriminalität

Familienclans in Spanien
Teil 2: Bekämpfungsstrategien
Von Prof. Dr. Miguel Ángel Cano Paños
(Teil 1 in der Juli-Ausgabe)

 

Clankriminalität

Null Toleranz und 1000 Nadelstiche, aber mit ausreichend Personal
Von Jörg Lehnert

 

Strafrecht

Reform des Sexualstrafrechts 2021
Umfassende Neugliederung und Strafverschärfungen
Von Dr. Julia Bussweiler

Gesetz zur Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet
Von Dr. Manfred Reuter

 

Kriminalgeschichte

Zugriff der Zollfahndung: Deutsche Finanzverwaltung, französische Okkupationsbehörden und Besatzungskriminalität im Kontext der „Tarnnetz-Affäre“ (1950-1952)
Von Dr. Herbert Elzer
Literaturhinweise (PDF-Download)

 

Kriminalistik-Schweiz

Aufgaben der Polizei im Wandel
Neue Aktionsfelder, neue Kooperationsformen, neue Herausforderungen
Von Dr. Silvia Staubli und Dr. Daniel Fink

 

Kriminalistik-Campus

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) als kriminalistische Methode
Von „CC-175“

Gesetzliche Regelung des kriminalpolizeilichen V-Mann-Einsatzes
Von Alexander Gebhard und Roland Hoheisel-Gruler

 

 

Recht aktuell

Versuchte Nötigung durch Drohung gegenüber Polizeibeamten

Kein Beweisverwertungsverbot bei versehentlichen Belehrungsfehlern

Subventionsbetrug im Zusammenhang mit Corona-Beihilfen

 

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Fachartikel

Anrufe von falschen Polizeibeamten
Eine empirische Betrachtung dieses Kriminalitätsphänomens am Beispiel der AG AMCA des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main
Von Andres Wißner
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Kriminalitätsphänomen „Anrufe von falschen Polizeibeamten“ am Beispiel der AG AMCA des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main. Er beginnt mit einer Einleitung über Historie sowie Entstehung des Phänomens und wird mit einer Darstellung des typischen Modus Operandi weitergeführt. Unter Punkt 3 erfolgt eine Betrachtung des Phänomens und Punkt 4 stellt eine empirische Datenauswertung vor, die einen tiefergehenden Einblick in die Verfahrensweise der Täter ermöglicht. Abschließend werden die Erkenntnisse zusammengefasst, ein Fazit formuliert und ein Ausblick gegeben.

Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus
Aktuelle und zukünftige Bedrohungen für die Innere Sicherheit Deutschlands
Von Stefan Goertz
Dieser Beitrag analysiert aktuell die Phänomenbereiche Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus in Deutschland. Einführend wird bei den Entwicklungen und Trends im Rechtsextremismus die Analyse der deutschen Verfassungsschutzbehörden dargelegt, hierbei u.a. die Zahlen des neuen Verfassungsschutzberichtes, deutsche Rechtsextremisten und ihre Agitation gegen staatliche Corona-Hygienemaßnahmen sowie Verbote von rechtsextremistischen Vereinen durch den Bundesinnenminister. Weiter untersucht wird das rechtsextremistische Kampfsportformat „Kampf der Nibelungen“. Ein Schwerpunkt dieses Beitrages ist der Übergang vom Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus, wofür verschiedene aktuelle Beispiele angeführt werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Untersuchung der rechtsterroristischen Anschläge in Deutschland sowie die geplanten rechtsterroristischen Anschläge der rechtsterroristischen „Gruppe S“ auf Moscheen und Politiker.

„Musik und Matte“ – Das subkulturelle Spektrum des Rechtsextremismus
Von Christian Herrmann
Bei der Betrachtung des Phänomenbereichs Rechtsextremismus/-terrorismus gerät bei allem Fokus auf Parteien und das neonazistische Spektrum mit seiner Neigung auch zu terroristischen Gewalttaten, häufig das „Vorwärmbecken“ des Rechtsextremismus aus dem Blick: Die Rede ist vom – polizeilich hochgradig relevanten – rechtsextremistischen Subkulturen, die im Wesentlichen durch die drei Teilelemente: Hooliganismus (Gewalttäter Sport), Rechtsrock und Kampfsport geprägt sind.

Identitär-islamistische Gruppierungen
Generation Islam & Realität Islam als Beispiele für neue Gesellschaftsspalter und Polarisierungsverstärker
Von Erdogan Karakaya und Temel Ücüncü
Gesellschaftliche Polarisierung, Spaltung der Gesellschaft und Radikalisierung sind Themenfelder, die aufgrund der Ereignisse der letzten Jahre immer stärker mit dem Rechtsextremismus in Verbindung gesetzt werden. Doch auch andere extremistische Phänomene bedrohen systematisch das Zusammenleben in der liberal verfassten Gesellschaft. Im Folgenden wird dargestellt, wie islamistische Akteure versuchen ihre demokratiefeindlichen Weltbilder in die Mitte muslimischer Lebenswelten in Deutschland zu tragen.

Familienclans in Spanien
Teil 2: Bekämpfungsstrategien
Von Miguel Ángel Cano Paños
Wie in der letzten Ausgabe der Kriminalistik (7/21, S. 394- 403) dargestellt wurde, ist Spanien seit einigen Jahren mit den kriminellen Aktivitäten einer Reihe von Gruppierungen mit undurchsichtigen und endogamen Strukturen konfrontiert. Meistens handelt es sich um Gruppen, die durch familiäre oder ethnische Bindungen verbunden sind, weshalb die spanische Polizei den Begriff „Familienclans“ geschaffen hat. Nachdem im Teil 1 die Merkmale dieser Familienclans und ihre kriminellen Aktivitäten, die sich hauptsächlich auf den Drogenhandel konzentrieren, dargestellt wurden, zielt dieser Aufsatz darauf ab, die in Spanien entwickelten Strategien zur Bekämpfung dieser Clankriminalität sowohl aus polizeilicher, strafrechtlicher als auch prozessualer Sicht zu analysieren. Gleichzeitig werden eine Reihe von Präventivmaßnahmen vorgestellt, die in erster Linie zum Ziel haben, die Entstehung bzw. Konsolidierung dieser Familienclans zu verhindern.

Null Toleranz und 1000 Nadelstiche, aber mit ausreichend Personal
Von Jörg Lehnert
Innenstadtlagen mit schlechten Sozialindikatoren und einem hohen Anteil migrantischer Bevölkerung wurden über Jahre sich selbst überlassen. Eine Mischung aus Personaleinsparungen und der Angst, bei Durchsetzung staatlicher Regeln als Rassist beschimpft zu werden führte dazu, dass Zonen entstehen konnten, in denen allenfalls noch eine Mischung aus staatlichem Recht und Faustrecht galt. Seit 2018/19 halten einige Bundesländer dagegen. In Berlin gibt es seit November 2018 einen 5-Punkte-Plan zur Rückgewinnung dieser Stadtteile, u. a. durch Verbundeinsätze verschiedener Behörden. Dabei geht es nicht nur um die Bekämpfung der Schwerkriminalität. Ebenso wichtig ist das Vorgehen gegen Ordnungswidrigkeiten, die für sich gesehen minder schwer wiegen (etwa Parken in der zweiten Reihe), die in der Gesamtheit jedoch zu einem Klima beitragen, wonach vor Ort nicht mehr der Staat das Sagen hat, sondern lokale Kiezgrößen.

Reform des Sexualstrafrechts 2021
Umfassende Neugliederung und Strafverschärfungen
Von Julia Bussweiler
Mit dem Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder hat der Bundesgesetzgeber die umfassendste Reform des Sexualstrafrechts in den letzten Jahren vorgenommen, die bereits zum 1.7.2021 in Kraft getreten ist. Neben der kompletten Neustrukturierung der Missbrauchstatbestände, ist insbesondere die Hochstufung jeglichen Umgangs mit tatsächlichen und wirklichkeitsnahen kinderpornographischen Inhalten zu Verbrechenstatbeständen bedeutsam. Darüber hinaus erhält das Strafgesetzbuch mit dem Verbot des Umgangs mit Kindersexpuppen und mit dem – im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – beschlossenen Verbot von Missbrauchsanleitungen auch zwei völlig neue Straftatbestände. Mit dem folgenden Beitrag soll über die wichtigsten Änderungen informiert werden.

Gesetz zur Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet
Von Manfred Reuter
Sog. „Handelsplattformen“ im Internet sind heute beim weltweiten Austausch von Waren und Dienstleistungen rund um die Uhr nicht mehr wegzudenken. Allerdings werden dort nicht nur legale Geschäfte gemacht, sondern auch zunehmend illegale. Die „kriminellen“ Plattformen spielen mittlerweile in bestimmten Deliktsfeldern, z. B. bei Betäubungsmitteln, Waffen, Falschgeld oder Kinderpornografie, eine zentrale Rolle.
Das deutsche Strafrecht ermöglicht bislang nur bedingt eine gezielte Bekämpfung solcher Delikte. Diese Lücke will der Gesetzgeber mit dem neu geschaffenen § 127 StGB „Betreiben krimineller Handelsplattformen im Internet“ schließen. Zukünftig soll auch derjenige, der eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, mit seiner Strafverfolgung rechnen müssen. In diesem Aufsatz wird der dazu neu eingeführte § 127 StGB in den Fokus genommen. Anhand der parlamentarischen Drucksachen werden dabei erste Arbeitsdefinitionen für neu eingeführte Tatbestandsmerkmale erarbeitet.

Zugriff der Zollfahndung: Deutsche Finanzverwaltung, französische Okkupationsbehörden und Besatzungskriminalität im Kontext der „Tarnnetz-Affäre“ (1950–1952)
Von Herbert Elzer
In der Zeit der Okkupation herrschten im Nachkriegsdeutschland besondere politische und rechtliche Verhältnisse, die von Not, Instabilität und juristischen Grauzonen geprägt waren. In diesem Klima gedieh auch eine spezifische Besatzungskriminalität. Der vorliegende Beitrag belegt erstmals die Existenz eines Rings internationaler Textilschieber, der Gesetzeslücken und Sonderregelungen im Übergang vom Zonendeutschland zur Bundesrepublik auszunutzen wusste. Das Mitwirken von Angehörigen der Besatzungsmacht Frankreich erleichterte den Erfolg dieser Machenschaften, zumal auch militärische Interessen auf dem Spiel standen. Es gelang der deutschen Zollfahndung, einem Schmuggel von Tarnnetzen auf die Spur zu kommen, durch den der deutsche Fiskus um 12 Mio. DM geschädigt worden war.
Literaturhinweise (PDF-Download)

Aufgaben der Polizei im Wandel
Neue Aktionsfelder, neue Kooperationsformen, neue Herausforderungen
Von Silvia Staubli und Daniel Fink
Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie sich die Aufgaben der Polizei in der Schweiz in den letzten zwei Jahrzehnten verändert haben, wobei auch der sich ausbreitende Sektor privater Sicherheitsanbieter in Betracht gezogen wird. National, regional oder lokal organisierten Polizeikräften kommen in einer Gesellschaft verschiedenste Funktionen zu, von der Aufrechterhaltung öffentlicher Sicherheit, über die Kontrolle der Einhaltung der Gesetze bis hin zur Aufdeckung und Untersuchung von Straftaten. Dabei fallen ihnen auch neue Aufgaben zu, wie die Verfolgung von Cyberkriminalität, die Abwehr von Terrorismus oder neuestens die Überwachung der Einhaltung von Pandemie-Massnahmen. Der Wandel der Aufgaben staatlicher Polizeibehörden führte zu einer gewissen Sicherheitsnachfrage, auf die private Sicherheitsanbieter geantwortet haben.

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Kriminalistik Campus

Redaktion:
Prof. Dr. Sigmund P. Martin, LL.M. (Yale), Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Kriminalpolizei, Wiesbaden

Der nachfolgende Beitrag ist der stark gekürzte Auszug einer Thesis, die im Bachelorstudiengang der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung – Fachbereich Kriminalpolizei – beim Bundeskriminalamt (IZ31-HSB) erstellt wurde.
Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt im öffentlichen Leben, der Wirtschaft, aber auch der Verwaltung zunehmend an Bedeutung. Für das Bundeskriminalamt (BKA) ist die Eruierung neuartiger Methoden zur Erfüllung der gesetzlichen Aufträge, insbesondere hinsichtlich des präventiven und repressiven polizeilichen Handelns sowie im Rahmen der Zentralstellenfunktion, von besonderer Bedeutung. Aktivitäten und Entwicklungen der rechtsextremen Szene in sozialen Netzwerken werden im BKA im Rahmen der „Koordinierten Internetauswertung – Rechtsextremismus“ (KIA-R) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (MAD), im Rahmen der Zentralstellenfunktion gemäß § 2 BKAG, beobachtet und ausgewertet. Dabei stellt sich die Frage, wie KI für den Bereich des Monitorings rechter sozialer Netzwerke genutzt werden kann. Dabei sollen Anforderungen an ein KI-System formuliert werden, dessen Möglichkeiten der Kategorisierung im Rahmen rechtsextremer virtueller Agitation in einem letzten Schritt untersucht werden.
Prof. Dr. Sigmund P. Martin

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) als kriminalistische Methode
Von „CC-175“, Kriminalkommissar beim Bundeskriminalamt
(Soweit Rechtsauffassungen vertreten werden, gibt der Autor seine persönliche Auffassung wieder. Der Autor schreibt unter einem Pseudonym; sein Name ist der Redaktion bekannt.)

Gesetzliche Regelung des kriminalpolizeilichen V-Mann-Einsatzes
Von Alexander Gebhard und Roland Hoheisel-Gruler

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Recht aktuell

Versuchte Nötigung durch Drohung gegenüber Polizeibeamten
1. Empfindlich i. S. d. § 240 Abs. 1 StGB ist ein angedrohtes Übel, wenn der in Aussicht gestellte Nachteil so erheblich ist, dass seine Ankündigung den Bedrohten im Sinne des Täterverlangens motivieren kann Das Inaussichtstellen von bloßen Erschwernissen oder Unannehmlichkeiten unkonkreter Art genügt nicht.
2. Die Androhung einer „gewöhnlichen“ Dienstaufsichtsbeschwerde gegenüber einem Polizeibeamten stellt im Allgemeinen keine Drohung mit einem empfindlichen Übel dar.
KG, Urt. v. 18.3.2021 – (3) 121 Ss 14/21 (10/21)
jv


Kein Beweisverwertungsverbot bei versehentlichen Belehrungsfehlern
1. In Verfahren gegen mehrere Beschuldigte ist ein Zeuge zur Verweigerung des Zeugnisses hinsichtlich aller Beschuldigter berechtigt, sofern der Sachverhalt, zu dem er aussagen soll, auch einen Angehörigen des Zeugen betrifft.
2. Die Regelung über verbotene Vernehmungsmethoden (§ 136a Abs. 1 StPO) erfasst nur die Beeinträchtigung der Aussagefreiheit durch den gezielten Einsatz unzulässiger Mittel. Eine unvorsätzliche Irreführung ist keine Täuschung i.S.d. § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO.
BGH, Urt. v. 10.2.2021, 6 StR 326/20
jv


Subventionsbetrug im Zusammenhang mit Corona-Beihilfen
1. Sinn und Zweck des Merkmals der Subventionserheblichkeit ist es, angesichts der zahlreichen Normativbegriffe des Subventionsrechts sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind.
2. § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB setzt hierzu voraus, dass die Tatsachen durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich als „subventionserheblich“ bezeichnet werden.
BGH, Beschl. v. 4.5.2021, 6 StR 137/21
jv


Verlag C.F. Müller

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