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Ausgabe Dezember 2019

Fachartikel

Internationale Polizeimissionen

Die Europäische Union und der Schutz von Kulturgütern im Irak
Von Dr. Markus Ritter
 

Sicherheitsgefühl

Sicherheitsgefühl in Mecklenburg-Vorpommern
Von Prof. Dr. Rita Bley

Kriminalitätsfurcht in Bochum im Zeitvergleich
1978/1989/2001 und 2018
Von Dr. Jan-Volker Schwind
 

Kriminalberichterstattung

Mediale Kriminalberichterstattung und individuelle Prävention am Beispiel Wohnungseinbruch
Von Karsten Lauber und Prof. Dr. Kurt Mühler
 

Clankriminalität

Anlasslose Verbundeinsätze gegen kriminelle Clans
Aus der Sicht einer Sonderordnungsbehörde
Von Hülya Dogan und Jörg Lehnert
 

Kriminologie

40 Jahre kriminologische Forschung in Bayern
Von Dr. Johannes Luff und Dr. Figen Özsöz

Kriminologie als sicherheitsbehördliche Ratgeberin?
Von Dr. Holger Plank
 

Kriminaltechnik

Pseudowissenschaften im Rampenlicht
Von Martin Zink
 

Strafrecht

„Hate Speech“ im Internet
Ein Überblick zur strafrechtlichen Einordnung
Von Dr. Benjamin Krause
 

Kriminalgeschichte

Der „Gentlemanverbrecher“ Emil Strauß
Von Bettina Müller
 

Kriminalistik-Schweiz

Fahrzeugforensik in der Praxis
Herausforderungen und Chancen für die Strafverfolgung
Von Cyrill Bortoluzzi und Patrick Wallimann

 

 

Kriminalistik-Campus

Durch den Dschungel des Eingriffsrechts
Von Roland Hoheisel-Gruler

Zur Höhe der Wertersatzeinziehung bei Insidergeschäften nach der Reform der Vermögensabschöpfung
Von Paul Malinowski und Prof. Dr. Sigmund P. Martin

 

Recht aktuell

Rücktritt vom Versuch der räuberischen Erpressung mit Todesfolge

 

Zur Verwendungsabsicht beim Beisichführen (sonst) eines Werkzeugs oder Mittels beim schweren Raub

 

Flucht vor der Polizei als verbotenes Kraftfahrzeugrennen
 

 

Literatur

Liest sich geradezu spannend
Maurach/Schroeder/Maiwald/Hoyer/Momsen: Strafrecht Besonderer Teil, Teilband 1


 




 

Fachartikel

 Die Europäische Union und der Schutz von Kulturgütern im Irak
Von Markus Ritter
Am 14. Dezember 2017 erteilte der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen (EUCO 19/17) der seinerzeitigen Hohen Vertreterin der EU für auswärtige Angelegenheiten und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, den Auftrag, neue Aufgabenfelder zur Stärkung der zivilen Dimension der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zu erarbeiten. Gemäß dem Civilian Common Security and Defence Policy (CSDP) Compact vom Dezember 2018 bildet nun u. a. der Kulturgüterschutz eine neue Schwerpunktaufgabe der zivilen Dimension der GSVP der EU. Die zivile EU Mission zur Reform des Sicherheitssektors im Irak (European Union Advisory Mission to Iraq – EUAM Iraq) ist ein Instrument dieser GSVP der EU. Seit November 2017 berät sie das irakische Innenministerium und das Büro des Nationalen Sicherheitsberaters bei der Umsetzung der Reform des Sicherheitssektors und in diesem Zusammenhang auch beim Schutz von irakischem Kulturgutes einschließlich seines Weltkulturerbes. Kriegsschäden, illegaler Handel durch kriminelle und terroristische Netzwerke wie auch die bewusste Zerstörung durch die Islamisten des sogenannten Islamischen Staates (IS) haben irakischen Kulturgütern unermesslichen Schaden zugefügt. Eine behörden- und länderübergreifende Rettung des kulturellen Erbes des Zweistromlandes steht nun an.

Sicherheitsgefühl in Mecklenburg-Vorpommern
Von Rita Bley
Dieser Aufsatz enthält einen Forschungsbericht zur Dunkelfeldbefragung in Mecklenburg-Vorpommern 2018 und zugleich eine Replik auf Liebl, Karlhans (2019): Unterschiede in der Kriminalitätsfurcht und dem Sicherheitsgefühl in Ost- und Westdeutschland, in: Kriminalistik, S. 216 – 222 (https://www.kriminalistik.de/ausgabe/inhalt-der-ausgabe-april-2019#Artikel3). Das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung in Mecklenburg- Vorpommern wurde letztmalig 2018 im Rahmen der Dunkelfeldforschung von über 10.000 Bewohnern erfragt. Es befindet sich auf einem guten Stand und im Vergleich zu 2014 weiter gestiegen. Die Befunde zu affektiven, kognitiven und konativen Komponenten sowie zur Zufriedenheit mit der Wohnumgebung und wahrgenommenen „incivilities“ werden dargestellt.

Kriminalitätsfurcht in Bochum im Zeitvergleich 1978/1989/2001 und 2018
Von Jan-Volker Schwind
Kriminalitätsfurcht schränkt die Lebensqualität ein und ist insoweit auch politisch brisant. Wie sich diese Bedrohtheitsgefühle im Langzeitvergleich in Deutschland verändern, zeigen die Resultate der Bochumer ‚statistikbegleitenden Dunkelfeldforschung‘ (Bochum I-IV), die Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts beginnen. Die entsprechenden Grafiken, die sich auch auf die Entwicklung der Vermeidungs- und Abwehrmaßnahmen beziehen, werden in diesem Aufsatz aus der Feder des Autors der Bochum IV-Untersuchung, die unlängst veröffentlicht wurde, zur Diskussion gestellt.

Mediale Kriminalberichterstattung und individuelle Prävention am Beispiel Wohnungseinbruch
Von Karsten Lauber und Kurt Mühler
Freiburg, Frankfurt am Main, Leipzig, Limburg und das baden-württembergische Gomaringen – diese (und mehr) Städte werden medial als Kriminalitätshochburgen gehandelt. Zu der Vielzahl an medialen Hochburgen zählen vor allem die Einbruchsherde, die es wahlweise u. a. in Bremen, Bremerhaven, Leipzig oder Weil am Rhein gibt. Eine Besonderheit bildet die gefährlichste Straße Deutschlands, bei der die Medien nur noch eine geringe Auswahl anbieten. So zählen die Elbestraße in Frankfurt und die Eisenbahnstraße in Leipzig dazu.

Anlasslose Verbundeinsätze gegen kriminelle Clans
Aus der Sicht einer Sonderordnungsbehörde
Von Hülya Dogan und Jörg Lehnert
Seit Anfang der 80er Jahre hat sich in Teilen Deutschlands ein kriminelles Milieu entwickelt, das vorrangig aus Angehörigen arabisch/kurdisch/türkischer Großfamilien/Clans besteht. Jahrelang wurden die hieraus entstandenen Gefahren geleugnet oder verharmlost, teilweise bis heute. Organisierte Kriminalität ist stets eine Bedrohung für den Rechtsstaat, vor allem dann, wenn sie aus ethnisch geschlossenen Gruppen erfolgt. Was das Treiben dieser Clans aber im Vergleich zu italienischen, russischen oder tschetschenischen Gruppierungen besonders gefährlich macht, ist die offen gezeigte Verachtung des Rechtstaats sowie der Versuch, demonstrativ eigene Regeln durchzusetzen, letzteres nicht ganz erfolglos: In manchen Ecken in Essen, Duisburg, Bremen oder Berlin war es zu bestimmten Tageszeiten für die Polizei schwer und für Ordnungsbehörden unmöglich geworden, Recht durchzusetzen.

40 Jahre kriminologische Forschung in Bayern
Von Johannes Luff und Figen Özsöz
Lange vor der gegenwärtigen Diskussion um evidenzbasierte Polizeiarbeit wurde in Bayern überlegt, auf welche Weise Kriminalitätsphänomene und Tätergruppen empirisch analysiert und polizeiliche Maßnahmen im Rahmen der Verbrechensbekämpfung noch effizienter gestaltet und eingesetzt werden können. Eine praktische Konsequenz der Überlegungen war die Einrichtung der Kriminologischen Forschungsgruppe der Bayerischen Polizei (KFG) vor 40 Jahren.

Die Kriminologie als sicherheitsbehördliche Ratgeberin?
Von Holger Plank
Ist die Kriminologie als sowohl methodisch wie auch fachlich kenntnisreiche und reflexiv-kritische sicherheitsbehördliche Ratgeberin geeignet, erforderlich und auch stets willkommen? Kann die Kriminologie zum Erfolg polizeilicher Dienstleistung in ereignisreichen Zeiten beitragen? Wie steht es um ihren evidenzbasierten Anwendungsbezug und um ihre Zugänge auf diesem Handlungsfeld? Drei wesentliche Fragestellungen eines Vortrages zum 40. Geburtstag der Kriminologischen Forschungsgruppe (KFG) der Bayerischen Polizei. Ausschnitte hieraus bilden die Grundlage des Aufsatzes, der in weitem Bogen die disziplinäre Entwicklung, universitäre Verankerung, die praxisgerechte empirische wie auch grundlagenorientierte Verantwortung der Kriminologie zunächst in das Konzept einer „Gesamten Strafrechtswissenschaft“ einzubetten versucht. Sodann werden einige Herausforderungen in Gegenwart und Zukunft polizeilicher Dienstleistung im Spannungsfeld von Freiheit und Sicherheit konturiert und das Potential anwendungsorientierter kriminologischer Evidenz zu deren Bewältigung angedeutet.

Pseudowissenschaften im Rampenlicht
Von Martin Zink
Wenn Nähe zur polizeilichen Ermittlungsrealität suggeriert wird, um die eigene Popularität zu steigern, wird aus vorgeschobener Wissenschaft schnell eine pseudowissenschaftliche Bühnenshow. Ein aktueller, aber gefährlicher Fall.

„Hate Speech“ im Internet
Ein Überblick zur strafrechtlichen Einordnung
Von Benjamin Krause
Die Bekämpfung und Verfolgung von Hasskommentaren im Internet („Hate Speech“) ist spätestens seit dem mutmaßlich rechtsextremistisch motivierten Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Lübcke im Juni 2019 eines der bestimmenden Themen in der rechtspolitischen Diskussion. Landesregierungen haben Aktionsprogramme gegen „Hate Speech“ wie etwa „Hessen gegen Hetze“ beschlossen und auch die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket gegen Hasskriminalität im Kabinett vereinbart. Gesellschaftlich wird jedoch vor allem eines erwartet: eine konsequente Strafverfolgung von „Hate Speech“. Vor diesem Hintergrund soll der folgende Beitrag einen Überblick über das Phänomen „Hate Speech“ sowie die dabei regelmäßig in Betracht kommenden Straftatbestände und Problemschwerpunkte geben.

Der „Gentlemanverbrecher“ Emil Strauß
„Der Mensch werden wollte und nicht durfte“
Von Bettina Müller
In den 1910er Jahren gehörten Emil und Erich Strauß aus Berlin zu den berüchtigtsten Einbrechern Deutschlands. Die Presse berichtete oft und gerne über die spektakulären Warenhauseinbrüche der tollkühnen Brüder. 1921 wurde Emil Strauß der Prozess gemacht, er entging aufgrund seiner flammenden Rede vor Gericht dem Fallbeil und wurde zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Der Aufsatz geht unter anderem der Frage nach, was mit Strauß geschah, nachdem die Presse und die Öffentlichkeit das Interesse an ihm verloren hatte. Strauß erlebte drei Regierungsformen: Monarchie, Demokratie, Diktatur. Letztere wurde ihm schließlich zum Verhängnis, er musste sich als Zwangsarbeiter verdingen und wurde vermutlich am Anfang der 1940er Jahre in einem Konzentrationslager ermordet.

Fahrzeugforensik in der Praxis
Herausforderungen und Chancen für die Strafverfolgung
Von Cyrill Bortoluzzi und Patrick Wallimann
Mit Einzug der Digitalisierung in die Autoindustrie haben sich Fahrzeuge zu komplexen Computersystemen entwickelt. In modernen Fahrzeugen stecken eine Vielzahl an kleinen Computern und Steuersystemen, welche eine grosse Menge an elektronischen Daten aufzeichnen. Diesem Teilbereich der IT-Forensik wird zurzeit noch wenig Beachtung geschenkt, birgt jedoch enormes Potential für die Strafverfolgung. Die Fahrzeugforensik steckt noch in den Kinderschuhen, vergleichbar mit der Mobilforensik vor ca. 15 bis 20 Jahren. Die Autoren sind der Meinung, dass eine konsequente Sicherung und Auswertung von Fahrzeugdaten in Zukunft zu einer Selbstverständlichkeit im Ermittlungsverfahren wird. Der vorliegende Artikel soll die heutigen Möglichkeiten und Probleme der Fahrzeugforensik sowie die Datenauswertung anhand eines praktischen Beispiels aufzeigen. Vorliegender Artikel befasst sich ausschliesslich mit der Sicherung und Auswertung von Daten aus Infotainmentsystemen.


 


 

 

Kriminalistik Campus

Redaktion: Carl-Ernst Brisach, Direktor beim BKA a.D.

 

Durch den Dschungel des Eingriffsrechts
Von Roland Hoheisel-Gruler, Hauptamtlich Lehrender an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Kriminalpolizei beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden und Rechtsanwalt


Zur Höhe der Wertersatzeinziehung bei Insidergeschäften nach der Reform der Vermögensabschöpfung
Von Paul Malinowski, Kriminalkommissar beim BKA und Prof. Dr. Sigmund P. Martin, Hochschule des Bundes, Wiesbaden


 

 


 

 

Recht aktuell

Rücktritt vom Versuch der räuberischen Erpressung mit Todesfolge
1. Vom beendeten Versuch einer (schweren) räuberischen Erpressung mit Todesfolge gem. §§ 251, 255, 22 StGB kann der Täter gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB zurücktreten, wenn er den Eintritt des Todeserfolges verhindert.
2. Dass der Täter hierbei (vgl. 1.) ebenfalls vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung gem. §§ 250, 255 StGB zurücktritt, ist für einen solchen Rücktritt nicht erforderlich. Dem wirksamen Rücktritt steht auch nicht entgegen, dass der Täter ankündigt, noch einmal ein für die Herbeiführung des Todes anderer Menschen geeignetes Mittel einsetzen zu wollen, falls man seinen Forderungen nicht nachkomme.

BGH, Beschl. v. 5.6.2019
1 StR 34/19

bb

 


Zur Verwendungsabsicht beim Beisichführen (sonst) eines Werkzeugs oder Mittels beim schweren Raub
1. Die Qualifikation des schweren Raubes gem. § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB setzt voraus, dass der Täter oder ein anderer Beteiligter ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden.
2. In diesem Sinne setzt Gewalt eine Einwirkung voraus, die mittelbar oder unmittelbar gegen den Körper des Opfers gerichtet ist. Diese Einwirkung muss durch Einsatz von (wenn auch nur geringer) Körperkraft des Täters eine physische Zwangseinwirkung beim Opfer auslösen; nur psychisch vermittelter Zwang ist nicht ausreichend.

BGH, Beschl. v. 4.6.2019
4 StR 116/19

bb




Flucht vor der Polizei als verbotenes Kraftfahrzeugrennen
1. Der Tatbestand des § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB (verkehrswidrige Geschwindigkeitsüberschreitung) setzt lediglich voraus, dass es dem Täter darauf ankommt, in der konkreten Verkehrssituation die durch sein Fahrzeug bedingte oder nach seinen Fähigkeiten oder nach den Wetter-, Verkehrs-, Sicht- oder Straßenverhältnissen maximale mögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
2. Die Vorschrift verlangt nicht die Absicht, das Fahrzeug mit objektiv höchstmöglicher Geschwindigkeit zu führen oder es bis an die technischen bzw. physikalischen Grenzen auszufahren. Gefordert ist demnach das Abzielen auf eine relative Höchstgeschwindigkeit.
3. Die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, muss nicht Haupt- oder Alleinbeweggrund für die Fahrt sein. Auch eine Verfolgungsjagd mit der Polizei („Polizeiflucht“) kann den Tatbestand des § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllen.

OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.7.2019
4 RV 28 Ss 103/19

jv
 

 



Literatur

 

Liest sich geradezu spannend
Maurach/Schroeder/Maiwald/Hoyer/Momsen, Strafrecht Besonderer Teil, Teilband 1, C.F. Müller GmbH  Heidelberg, 11. Aufl. 2019, 763 S., geb.,  125 Euro

Zehn Jahre sind seit der Vorauflage des renommierten Lehrbuchs verstrichen. Diese Zeitspanne machte die Neubearbeitung dringend erforderlich. Umfangreiche Gesetzesänderungen – Stichworte: geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung, neues Sexualstrafrecht, Bekämpfung des Menschenhandels und zahlreiche Gerichtsentscheidungen waren einzuarbeiten.
Beibehalten wurde das m. E. äußerst gelungene Konzept des Werkes, bei dem das vertiefte Verständnis der Strafnormen im Fokus steht. Schutzgut und Entstehungsgeschichte der einzelnen Normen werden demgemäß ausführlich dargestellt.
Der Aufbau orientiert sich an den Schutzgütern bzw. Rechtsgutsverletzungen. Die „Straftaten gegen Persönlichkeits- und Vermögenswerte“ bilden den Gegenstand des ersten Abschnitts.
Zum ersten Komplex gehören insbesondere die Straftaten gegen das (werdende) Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung und die Ehre. Darüber hinaus werden auch die strafbaren Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimnisbereichs sowie die Integrität und Vertraulichkeit von Daten sowie der Hausfriedensbruch dargestellt. Der zweite Bereich beginnt mit einem Kapitel über „Zueignung und Beschädigung fremder Sachen“ (Diebstahl, Unterschlagung, Raub, raubähnliche Tatbestände und Sachbeschädigung). Die Vereitelung sachgebundener Rechte – ebenfalls ein recht sperriger Titel – ist Gegenstand des zweiten Kapitels (Gebrauchsanmaßung, Pfandkehr, Wilderei und Hehlerei). Mit der „Veranlassung von Vermögensverfügungen“ befasst sich Kapitel 3, d. h. mit Betrug, Erpressung, Wucher und unerlaubtem Glücksspiel. Der komplexe Tatbestand der Untreue gem. den §§ 266 ff. StGB (Vermögensschädigung durch Pflichtverletzung) ist einem eigenen Kapitel vorbehalten.
Den Abschluss bildet Kapitel 5 (Gefährdung der Gläubigerbefriedigung); behandelt werden die Vollstreckungsvereitelung und die Insolvenzdelikte. Die Schwerpunktbildung orientiert sich damit an der Vermittlung des Pflichtstoffs im Fach Strafrecht an den Universitäten.
Das Buch liest sich geradezu spannend und verführt zum Weiterlesen. Es gehört zum „Markenkern“ des Lehr- und Handbuchs, dass es nicht nur die einzelnen Tatbestandsmerkmale der Strafrechtsnormen abhakt, sondern den Sinn (oder auch: Unsinn) einer Vorschrift aufdeckt. So wird beispielsweise die Neuregelung der geschäftsmäßigen Sterbehilfe mit deutlichen Worten als nicht verfassungsgemäß bewertet (§ 1 Rn. 23, S. 22). Kritik erfahren etwa auch die Vorschriften über die Ausbeutung der der Anwerbung zur Prostitution (§ 21 Rn. 6 ff.: „Der moderne Gesetzgeber schätzt das Wort Ausbeutung.“). Sogar einzelne Gerichtsentscheidungen werden einer knappen, aber verständlichen Kritik unterzogen (s. z. B. § 33 Rn. 127, S. 436). In formaler Hinsicht gibt es nichts zu bemängeln. Leitbegriffe werden mittels Fettdrucks hervorgehoben, das Schriftbild ist sehr lesefreundlich und das dicht gestaffelte Sachregister fördert einen schnellen Zugang auf das gesuchte Problem.
Fazit: Ein Lehrbuch der Spitzenklasse! Es speziell bei der Bearbeitung häuslicher Arbeiten mit inhaltlichem Bezug zu den dargestellten Deliktsfeldern zu vernachlässigen, wäre grob fahrlässig.

Prof. Dr. Jürgen Vahle, Bielefeld
 


Verlag C.F. Müller

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