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Alptraum Pandemie

Editorial der Ausgabe April 2020

Verehrte Leserinnen und Leser,

das Corona-Virus SARS-CoV-2 Covid-19 hat sich binnen kürzester Zeit weltweitverbreitet und beherrscht unser persönliches, gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben in nie vorstellbarer Weise. Dabei stehen wir erst am Anfang, selbst in Ländern mit täglich drei- und vierstelligen Todeszahlen deutet sich kein Abflachen der Kurven an. Das Virus ist unsichtbar, die Horrorszenarien in Krankenhäusern nicht. Unzählige Menschen ringen um ihr Leben, es fehlt an Intensivbetten und an Schutzausstattung für die aufopferungsvoll kämpfenden Ärzte und Pfleger. Die Halbwertszeiten von Informationen, Analysen und strategischer Planung sind gering. Was heute gilt, ist morgen schon wieder überholt. Dieses Editorial wurde Ende März geschrieben. Wenn Sie es lesen können, werden mindestens zwei Wochen verstrichen sein. Dann wissen wir auch, ob Ärzte tatsächlich im Rahmen der Triage entscheiden müssen, wer beatmet wird und wer nicht. In Italien, Frankreich, Spanien und in den USA ist dies leider schon schrecklicher Alltag.

Diese existenziellen Ängste und Sorgen dominieren unser Alltagshandeln, wie wir es uns bis vor kurzer Zeit nicht vorstellen konnten. Viele unserer sonstigen Probleme erscheinen marginal oder werden zumindest anders eingeordnet. So fand beispielsweise die jährliche Präsentation der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik Ende März kaum mediale Beachtung. Heiko Arnd berichtet über eine Erhebung zum Sicherheitsgefühl bei Großveranstaltungen. Er zitiert eingangs ein Motto der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt: „Mainz lebt auf seinen Plätzen!“ Befrager und Befragte hatten Szenarien wie bei der Duisburger Love-Parade oder terroristische Anschläge und die Schutzmöglichkeiten der Sicherheitskräfte vor Augen, aber keine geschlossenen Gaststätten und menschenleeren Plätze in der Folge einer Pandemie. Auch die Koordinierungsstelle Nachsorge, Opfer- und Angehörigenhilfe (NOAH) der Bundesregierung, die Dr. Jutta Helmerichs, Kerstin Fröschke und Tobias Hahn vorstellen, bekommt eine ganz neue Ausrichtung angesichts vieler Urlauber, die im Ausland auf eine Rückkehr warten.

Wenn das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen kommt und persönliche soziale Kontakte vermieden werden müssen, ruhen natürlich auch Konferenzen, Tagungen und Workshops. Nicole Selzer und Till Reinholz geben dennoch einen Überblick über Veranstaltungen im Bereich Cybercrime und fordern mehr wissenschaftliche Präsenz in diesem Deliktsbereich. Mirko Manske beschreibt die aktuelle Landkarte der gängigen Crime-as-a-Service-Elemente und skizziert damit die „neun Säulen der Cybercrime“. In einer Phase, in der flächendeckend innerhalb Europas längerfristig Grenzen geschlossen werden müssen, erscheinen auch Themen wie Migration, effizienter Außengrenzschutz, Schleierfahndung oder Racial Profiling, denen Bernd Walter nachgeht, in einem gänzlich anderen Licht.

In solch schwierigen Zeiten hilft nur, auf die Vernunft der Menschen zu hoffen und allen den Rücken zu stärken, die sich nicht aus der Öffentlichkeit zurückziehen können, weil sie sich selbstlos in den Dienst unserer Gesellschaft stellen und für uns alle da sind. Ihnen und uns allen: Bleiben Sie gesund!

Ihr
Bernd Fuchs
Chefredakteur
 


Verlag C.F. Müller

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